Señor Felix – Hüter eines Paradieses

Mit einem breiten Grinsen im Gesicht tritt uns ein peruanischer älterer Herr entgegen, sein Name, Felix Turpo. Er begrüßt uns mit einer herzlichen Wärme, die man von nur von seiner Familie oder besten Freunden kennt.

Noch sind wir in Puno und überlegen welche der vielen Inseln oder Halbinseln wir uns anschauen wollen und auf welcher wir eine abenteuerliche Nacht verbringen wollen. Die Wahl fällt nach einigem Überlegen und Herumfragen auf die Stadt Llachon auf einer der Halbinseln, wo ein älterer Herr eine nette kleine Unterkunft errichtet haben soll und der Tourismus noch nicht bis hierher vorgedrungen ist.

Nach einem kurzen Telefonat haben wir unsere Reservierung und können uns mit dem combi, einem kleinen und extrem engen Transporter, auf den Weg machen. Nach eineinhalb aufregenden und nervenaufreibenden Stunden mit schlechten Straßen, mieser Luft und effektiv keinem Platz zum sitzen, erreichen wir den Marktplatz von Capachica, dem Ort vor Llachon. Auf dem Marktplatz werden alle Augen direkt auf uns gerichtet. „Was machen denn die Gringos hier?“ fragt ein peruanischer Jungspund seine Freunde auf der Straße, natürlich auf Spanisch. Wir sind hier definitiv die Außenseiter und Touristen sehen die Bewohner dieses Ortes, so zumindest unser Gefühl, auch nie.

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Mit dem nächsten combi, in dem wir auch nicht mehr Platz haben, geht es nach Llachon. Auf dem Dorfplatz angekommen wundern wir uns und fühlen uns wie in einem Zombi-Apokalypse-Western-Film. Niemand ist zu sehen, die eingefallenen Häuser ragen um uns herum in die Höhe und uns beschleicht das Gefühl, dass jeden Moment ein Staubballen über den Marktplatz rollt. Ein netter einheimischer Junge verrät uns den Weg zu Felix Casa. Wir gehen also los.

Nach 20 Minuten und mehreren atemberaubenden Ausblicken holt uns ein Mann ein. Er erzählt uns, dass er der Cousin von Senor Felix ist und Touristen wirklich sehr selten den Weg hierher finden. Wir bereuen unsere Entscheidung nach Llachon gefahren zu sein bisher kein bisschen und sind jetzt schon überglücklich.

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Der bereits beschriebene Empfang ist kein bisschen untertrieben und wir fühlen uns hier in diesem kleinen Paradies unfassbar wohl. Senor Felix gibt uns sein schönstes Zimmer, was die Nacht lächerliche 30 Soles pro Person kostet. Dazu kommt das Frühstück mit 10 und das Mittag- und Abendessen mit jeweils 15 Soles. Insgesamt ist man also für eine Übernachtung inklusive Vollpension bei 70 Soles, umgerechnet ungefähr 20 Euro.

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Dieser Ort hat etwas Magisches. Schon nach wenigen Stunden sind Mareike und ich dermaßen entspannt, dass wir die Hektik der großen Städte vergessen haben.

 

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Bei Mittagessen treffen wir Erica, eine kanadische Rentnerin. Sie ist der einzige weitere Gast von Senor Felix und mit ihr verbringen wir ab jetzt jede weitere Mahlzeit. Wir reden über Gott und die Welt, über den Klimawandel, Peru, deutsche Geschichte, amerikanische und kanadische Geschichte, Justin Biber, Jazz und vieles vieles mehr.

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Kevin, Senor Felix Sohn

Kevin ist der Sohn von Senor Felix und ein richtig cooler Typ. Er ist frech, irgendwie auch etwas scheu und wirklich witzig. Mit ihm sitzen wir lange in der Sonne und versuchen ihm zu entlocken was diverse Worte auf Quechua, der Sprache der Ureinwohner des Titicacasees und anderer Regionen aus Peru, bedeuten – ohne Erfolg.

Irgendwann setzt sich auch Senor Felix zu uns in die Sonne und wir unterhalten uns angeregt. Er erzählt, dass er mit neun, nach dem Tod seines Vaters, nach Puno gegangen ist um dort auf Baustellen als Konstrukteur zu arbeiten. Nach ungefähr 40 Jahren war es ihm zu viel und er hat auf einer der Inseln auf dem See gearbeitet, als dies und das. Doch auch das gefiel im nicht so recht. So verwirklichte er sich seinen Traum und fing 1999 an in Llachon eine kleine Pension zu errichten. Vier Jahre lang schleppt er Stein für Stein und errichtet das, was wir hier genießen dürfen. Wir zollen ihm für seine Arbeit höchsten Respekt und sind sprachlos vor Verwunderung. Seine Unterkunft ist mit so viel Liebe zum Detail errichtet und hat einen unfassbar schönen Ausblick auf den Titicacasee und wenn es dunkel wird auch auf das hell leuchtende Puno. Die Familie um Senor Felix herum ist unglaublich herzlich und mehrere Tiere, wie ein Hund, eine Katze, zwei kleine Enten und zwei Hühner laufen friedlich umher und machen das Bild des kleinen Paradieses perfekt.

Senor Felix hat uns, das merken wir nach unserem Aufenthalt, in höchstem Maße inspiriert. Lebe deinen Traum sagt man so schnell dahin und man hört es und ließt es hier und da. Doch Senor Felix lebt seinen Traum, das sieht man ihm und merkt es ihm an. Dieser Ort und dieser Mann haben etwas Magisches und sind Balsam für die Seele.

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Ein Gedanke zu “Señor Felix – Hüter eines Paradieses

  1. Witzig, dass der Sohn von Señor Felix aus Peru, am anderen Ende der Welt, einen so klangvollen deutschen Namen wie Kevin trägt. Tolle Bilder, genießt die Zeit und lasst euch von der Selbstverwirklichung eures Gastgebers weiterhin inspirieren.
    Und bloggen nicht vergessen!

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